So schnell sind 14 Tage rum! Schon gibt es den letzten Blogeintrag. Vom Moin zum Ahoj ist das Thema dieses Blogs: Aufklärung folgt jetzt.
Dass in einer der größten europäischen Hafenstädte der alte Seemannsgruß „Ahoi“ gebraucht wird, ist nicht sonderlich verwunderlich. In Bremerhaven gehört „Ahoi“ dazu, genau so wie die knappe norddeutsche Begrüßung „Moin“.
Nicht so flapsig und nicht so formell
Und auch im weit vom Meer entfernt liegenden Tschechien begrüßt man sich auf diese Weise: Es ist nicht so umgangssprachlich wie „Hi“ und nicht so formell wie „Guten Tag“. „Ahoj“ entspricht ziemlich genau dem deutschen „Hallo“.
Karel Gott und der kleine Maulwurf sagen es
Der berühmte tscheschiche Schlagersänger Karel Gott ruft es bei seinen Konzerten manchmal seinen Fans zu. Und auch der kleine Maulwurf, in Deutschland bekannt aus der Sendung mit der Maus, spricht zwar nicht viel, aber zu seinen Freunden sagt auch er regelmäßig „Ahoj“.
Die Tschechen sagen es halb scherzhaft, halb ernst
Warum aber sagt man das ausgerechnet in einem Land, das so weit weg vom Meer ist? Erklärungsversuche gibt es viele: „Die Tschechen sagen das halb scherzhaft, halb ernst aus der Nostalgie und der Melancholie heraus, weil Böhmen eben keinen Zugang zum Meer hat“, sagt Václav Petrbok, Bohemist und Germanist in Prag.
Sogar Shakespeare legt Böhmen ans Meer
„Sie grüßen sich wie die Matrosen am Meer – vielleicht ein bisschen trotzig.“ Die Vorstellung, dass Böhmen, der größte Landesteil der tschechischen Republik, am Meer liegt, sei aber keine unbekannte: „William Shakespeare verortet Böhmen in seinem berühmten „Wintermärchen“ ans Meer“, sagt Petrbok. „Und auch eine der bekanntesten deutschsprachigen Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts, Ingeborg Bachmann, verfasste ein Gedicht mit dem Titel „Böhmen liegt am Meer“.“
Tschechien hat einen kleinen Hafen in Hamburg
Also alles nur Trotz? Nein, denn was viele nicht wissen: Tschechien hat einen Hafen. Und zwar in Hamburg. Der Moldauhafen (auf tschechisch: Vltavský přístav) ist ein Hafenbecken im Hamburger Hafen aus dem Jahr 1887. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Versailler Vertrag geregelt, dass ein 30000 Quadratmeter großes Gelände für 99 Jahre an die Tschechoslowakei verpachtet werden muss, da die Elbe für das Binnenland die einzige schiffbare Verbindung zu den Weltmeeren darstellt. Prag und Hamburg sind durch den Wasserweg miteinander verbunden. Es gibt daher die Theorie, dass tschechoslawkische Seeleute in den 1930er-Jahren den Seemannsgruß aus Hamburg mitbrachten.
Hafenhuren warnen ihre Freier
Eine weitere, eher amüsante Begründung liefert der Journalist Dietmar Bartz in einem Artikel in der Zeitschrift „mare“: „Wenn der Landgang der tschechischen Matrosen in den Industriehäfen an Moldau und Oberelbe endete, warnten die Mädchen aus den Hafenbars ihre Freier zum Abschied vor ihrer Berufskrankheit: ‚A hoj! Kdo nehojil, tomu upad!‘- ‚Und holla! Wer ihn nicht geheilt hat, dem ist er abgefallen!'“
Tramper sprechen sich mit „Ahoj“ an
Die wahrscheinlichste Erklärung aber ist eine andere: „In den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts gab es sehr viele tschechische Jugendliche, die mit Kanus auf den Flüssen unterwegs waren“, sagt Petrbok. „Sie waren Pfadfindern oder den Wandervögeln ähnlich, saßen am Lagerfeuer, schliefen in unter freiem Himmel im Wald oder am Ufer.“ Sie nannten sich Tramper, auf tschechisch „trempi“, und fanden das „Ahoj“ wohl sehr wohlklingend. „Es hat ihnen gefallen“, vermutet Petrbok. „Sie haben sich gern so angesprochen, und auf diese Weise hat es sich verbreitet.“